Am Sonntag, den 6. April 2025 feierten Schönstätter aus vielen Ländern und Gemeinschaften in Dachau und Schönbrunn den 80. Jahrestag der Entlassung Pater Josef Kentenichs aus dem Konzentrationslager Dachau. Die Teilnehmenden kamen, um Pater Kentenich im übertragenen Sinne „abzuholen“, wie es auf dem Einladungsflyer festgehalten war. Diese besondere Gedenkveranstaltung hatte nicht nur historische Bedeutung, sondern auch eine spirituelle Dimension, die die Teilnehmenden tief berührte.
Erinnerung an den Weg Pater Kentenichs
Der Tag begann mit einem Besuch in der KZ-Gedenkstätte Dachau, wo an den schwierigen Weg Pater Kentenichs und seiner Mitgefangenen erinnert wurde. Ilse Keßler, Rundgangsleiterin, führte die Gruppe durch die Stätten und gab an verschiedenen Stationen Impulse zur Geschichte. Viele der Teilnehmenden konnten sich Zeit nehmen, in Stille nachzudenken und sich mit der Schicksalsgeschichte des Gründers von Schönstatt auseinanderzusetzen.
Feierliche Begegnung in Schönbrunn
Nach der Mittagspause, die viele im Bürgerhaus Schönbrunn verbrachten, trafen sich die nahezu 100 Teilnehmenden im Theatersaal. Hier war die „Schönstattfamilie“ in all ihren Facetten vertreten – von Mitgliedern verschiedener Bundesgemeinschaften und Schönstatt-Institute bis hin zu internationalen Gästen aus Ecuador, Polen, Indien und Kroatien.
Der Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath sprach ein Grußwort, in dem er auf die Verantwortung der Christen in der heutigen Gesellschaft sowie auf die Bedeutung der vom christlichen Glauben geprägten Verfassung hinwies. Ausdrücklich mahnte er zur Wachsamkeit: Weltweit, aber inzwischen auch in Europa, seien die persönliche Freiheit und die Grundrechte der Menschen in Gefahr.
Berichte von Zeitzeugen und festliche Begrüßung
Im Anschluss erzählte Schwester Johanna, Franziskanerin von der göttlichen Vorsehung von Schönbrunn, was sie im Noviziat von Schwestern aus der Herrenschneiderei des Klosters zum einen von Pater Kentenich und darüber hinaus von den entkräfteten Häftlingen, die nach ihrer Entlassung nach Schönbrunn kamen, berichtet hatten. In einem bewegenden geistigen Moment empfingen die Teilnehmenden den in Schönbrunn „ankommenden“ ehemaligen KZ-Häftling Pater Kentenich mit einem kleinen Prolog.
Per Audio eingespielte oder vorgelesene Zeitzeugenberichte aus dem KZ, unter anderem von Kaplan Heinz Dresbach und Bischof Ignacy Jez, verdeutlichten das Leid der Häftlinge und die Hoffnung der Schönstattgemeinschaft während dieser Zeit. Zudem erinnerte Schwester Monika an die geheimen Pakettransporte, die viele Häftlinge vor dem Hungertod bewahrten.
Lebenszeugnisse und spirituelle Reflexionen
Ein weiterer Teil des Nachmittages im Theatersaal wurde von mehreren Schönstatt-Mitgliedern geprägt, die ihre persönlichen Lebenszeugnisse teilten. Ehepaar Stegfellner berichtete von den Herausforderungen der Elternschaft und dem Vertrauen in den Glauben, das ihnen half, in schwierigen Zeiten zusammenzuwachsen. Ähnliche Erlebnisse teilte das Ehepaar Kirschner, das gemeinsam eine schwere gesundheitliche Krise überstand. Diese Zeugnisse zeigten, wie Pater Kentenichs Lebensbeispiel den Teilnehmenden auch heute noch hilft, ihren Alltag im Glauben zu meistern.
Die Bedeutung von Dachau für Schönstatt
Frau Maria Kiess sprach in einem Impuls über die Bedeutung von Dachau für die Schönstattbewegung, insbesondere für die Familienbewegung. Sie ging auf die Symbolik der Einladungskarte ein, die sie gestaltet hatte, und erklärte, wie die „Bruchstücke“ und „Durchkreuzungen“ in der Grafik die geöffneten Türen des Willens Gottes darstellen. Für sie stehe „Dachau“ nicht nur für einen Ort, sondern für eine tiefgehende spirituelle Bedeutung. Dieses Wort erinnere an die Zeit, in der Pater Kentenich inmitten des Leidens im KZ Dachau den Glauben an die menschliche Würde und die Nähe Gottes bewahrt habe. Dachau sei so ein Symbol für das Vertrauen auf Gottes Führung und für die Bedeutung von Gemeinschaft im Glauben. „Dachau ist ein Weckruf“, so Kiess. „Wir stehen heute vor der Frage: Wie kommen wir, angesichts der nicht zu übersehenden Bedrohung der äußeren Freiheit zu einer inneren Freiheit?“ Dachau lehre, auch in schwierigen Zeiten den Glauben zu leben und darauf zu vertrauen, dass Gott im Leben der Menschen wirke und sie begleite.
Pater Kentenichs innere Freiheit als Vorbild
Abschließend zeigte Prof. Manfred Gerwing die große Gebetshaltung von Pater Kentenich auf, die ihm half, trotz der schrecklichen Umstände im KZ Dachau seine innere Freiheit zu bewahren. Nur durch seinen tiefen Glauben konnte er den Mitgefangenen Trost und Geborgenheit schenken, sie im Glauben stärken und ihnen Hoffnung inmitten des Terrors vermitteln.
Die Veranstaltung in Dachau und Schönbrunn war nicht nur eine Erinnerung an das geschichtliche Ereignis vor 80 Jahren, sondern auch eine lebendige Erfahrung von „Schönstattgemeinschaft“, die sich in den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft vom Gründer Pater Josef Kentenich inspirieren lässt.
Text: Heinrich Brehm unter Verwendung von Material von Sr. M. Elinor Grimm und Joachim und Maria Kiess


